High Fantasy: Frauen oder nicht Frauen, das ist hier die Frage. Oder?

(überarbeitete Fassung. Sternchen beachten)

Spätestens seit dem PAN-Branchentreffen ist es ein heißes Thema: Warum schreiben eigentlich nur so wenige Frauen High Fantasy – vor allem in Deutschland? Beziehungsweise, ist das denn überhaupt so? Schreiben vielleicht eine Menge Frauen unter männlichem Pseudonym? Schreiben Frauen anders und ist „weibliche“ High Fantasy automatisch ein Romantasy-Spektakel? Ist Romantik denn eigentlich wirklich eine Frauendomäne? Ist die Welt wirklich so furchtbar klischeehaft, dass Frauen tatsächlich mehr romantische Urban Fantasy schreiben und das epische Weltenretten den Männern überlassen? Fragen über Fragen …

Da dachte man, das Thema hätte sich schon wieder im Sande verlaufen, doch letzte Woche entbrannte im Autorenforum Tintenzirkel eine frische und  ~hochinteressante Diskussion~ zu dem Thema*. Ganz gegessen ist der Keks also wohl doch noch nicht. Die Diskussion der Foristen deckt sich zum Teil mit einer ähnlichen, die wir im Frühjahr in der Autorengruppe vom Art Skript Phantastik Verlag geführt haben und mit persönlichen Gesprächen mit anderen Autoren. Quintessenz: Natürlich können Frauen High Fantasy. (Überraschung. Hachja.) Und sie schreiben auch sehr gerne in diesem Genre. Aber im Buchladen bzw. im Programm der größeren Verlage findet man die entsprechenden Bücher nicht, und anscheinend hält sich auch so manches Vorurteil gegenüber High Fantasy aus der Hand von Frauen. Vor allem in Deutschland, denn wie so oft sieht es im englischsprachigen Raum etwas anders aus. Nicht topsuper, aber immerhin findet man auch in großen Verlagshäusern weibliche High Fantasy-Autoren.

„Männliches“ und „weibliches“ Schreiben: Gemetzel vs. Gefühl?

Weiblichen Autoren haften zwei Klischees an: Dass sie vorwiegend über Beziehungen, Romantik und Erotik schreiben und dass sie zu epischer Fantasy gar nicht in der Lage sind. (Des Geschlechtes wegen). So mancher legt deswegen High Fantasy-Bücher von Frauen tendenziell eher wieder weg, weil die Gefahr, dass es sich um versteckte Romantasy dreht, einfach zu groß ist. Auf der anderen Seite erzählte eine Autorenkollegin, ihr wäre gesagt worden, sie könne als Frau doch nicht solche brutalen Szenen schreiben, wie sie es nun einmal tut. Eben, weil sie eine Frau ist. Und Männer können grundsätzlich keine facettenreichen, komplexen Frauen schreiben. Weil sie eben Männer sind.

Klischeedenken? Natürlich. Es gibt glücklicherweise jede Menge Gegenbeispiele, für beide Seiten.

die_elfen-9783453267251_xxlDer Romantikvorwurf ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits geht er mit Karacho am Thema vorbei, andererseits … nicht. Eine Fantasygeschichte mit Romantikelementen ist etwas anderes wie eine Liebesgeschichte mit Fantasyelementen. Wer was liest, mag, schreibt oder nicht, das ist ja letztlich Geschmackssache. In der High Fantasy kommt es, finde ich, auf die Balance an. Ich habe selten so etwas Kitschiges gelesen wie die Liebesgeschichte in Bernhard Hennens Die Elfen. Die blumige Romantik war mir, als Schmonzetten-Nichtmögerin, fast zu viel des Guten. Aber andererseits gab es da eben auch die genretypischen Elemente, die gut ausgearbeitete Welt, die Völker und die epischen Schlachten. Ähnliches gilt für The Name of the Wind von Patrick Rothfuss, wo der Protagonist eine nicht unwesentliche Zeit mit Schmachten verbringt und und seitenlang die Vorzüge seiner unerreichbaren Angebeteten auflistet. Aber in einer wahnsinnig liebevoll und detailreich ausgearbeiteten Welt. Die Liebesgeschichten sind eben nur ein Teil des Ganzen. (aber beim Lesen beider Bücher (und so einigen weiteren) habe ich mich durchaus gefragt, wie so etwas aufgenommen worden wäre, wenn das ein Frauenname auf dem Cover stünde).

Letzten Endes ist dieses „Männer=Gemetzel, Frauen=Liebeswonnen“-Denken genau das – reines Klischee. Es ist schließlich nicht so, als hätten Frauen das Vorrecht auf Romantik gepachtet und als ob männliche Autoren die Gefühlswelt per se außen vor ließen. Aber in puncto Romantik macht wohl die Dosis macht das Gift, und wenn zu viel im Zaubertrank landet, ändert sich der ganze Geschmack.

Was ist überhaupt High Fantasy?

Um mal bei dem Klischee zu bleiben, dass Frauen grundsätzlich nur über Romantik schreiben – da kommt die hypothetische Frage auf, ob man denn „High Fantasy von Frauen“ überhaupt von „Romantasy“ trennen kann (ja, natürlich kann man, sollte man auch) – und dann ist man, finde ich, generell bei Genre-Definitionen. Denn High Fantasy und Romantasy sind ja eigentlich zwei paar Schuhe.

Beziehungsweise nicht nur High Fantasy, sonder generell: Die grundlegenden Definitionen von High, Low und Urban Fantasy (etc.) haben doch in erster Linie mit dem Weltenbau und dem Setting zu tun. Das Großartige an High Fantasy sind doch die eigenständigen Welten, die da erschaffen werden, die Wesen, die Magie, die Erfindungen, Sprachen, Pflanzen, Tiere, Legenden, die sozialen Gefüge, die epischen Schlachten. Die Fähigkeit, so etwas zu schreiben, hat nichts mit dem Geschlecht des Autors zu tun. Natürlich darf und soll da gerne Romantik drin vorkommen – das gehört einfach zum Gefühlssprektrum, und ganz ohne würde auch etwas fehlen. Muss aber auch nicht. Die Genredefinition ist unabhängig vom Vorhandensein oder dem Ausmaß von Liebesbeziehungen.

Tatsächlich kenne ich persönlich eine Menge Autorinnen, die gerne High Fantasy schreiben, mit zu viel Romantik (also so viel, dass die Grenze zur Romantasy erreicht ist) aber nicht viel anfangen können. Die Autorinnen sind also definitiv da. Sichtbar allerdings eher bei den Kleinverlagen und Self-Publishern. Wir unterhielten uns im Frühjahr darüber, ob vielleicht eigentlich doch ein paar Frauen bei den großen Verlagen schreiben – aber vielleicht unter männlichem Pseudonym? Was schade wäre, denn die Sword & Sorcery-Autorinnen mussten sich schließlich nicht verstecken. Auf der anderen Seite gibt es auch männliche Autoren, die unter Frauenpseudonym Liebesgeschichten schreiben. Die Vorurteile schießen in beide Richtungen. Das hängt vielleicht zum einen an der Erwatungshaltung des Lesers, zum anderen aber auch am Marketing durch den Verlag.

(Don’t) Judge a book by its cover?

blackdaggerCover sind ein wichtiges Thema, und ein viel auschlaggebenderes Kriterium beim Buchkauf als das Geschlecht des Autors. Wenn das Cover nicht gefällt, liest man meist nicht mal mehr den Klappentext, geschweige denn, dass man im Buchgeschäft die erste Seite überfliegt. Natürlich gehört das Cover zum Marketing. Es zielt auf eine bestimmte Leserschaft ab, hilft aber im Idealfall auch Lesern, sich relativ schnell zu orientieren: Was habe ich da vor mir, ist das was für mich? Es ist aber scheinbar tendenziell so, dass Bücher, die von Frauen geschrieben werden bzw. von Frauen, TheNameoftheWind_coverdie kein Pseudonym benutzen, oftmals eben auch wie „Frauenbücher“ aussehen, teilweise unabhängig vom Inhalt (manchmal aber auch sehr zutreffend). Weichgezeichnete große Kulleraugen, Pastellfarben, florale Ornamente, oder auch düstere Silhouetten von Städten und nackte Männeroberkörper. Das alles schreit nach Romantasy. Was nicht schlimm ist, was aber durchaus manchen Leser abschreckt (ich nehme mich da nicht aus). Andererseits entgehen einem auf diese Weise vielleicht epische Welten, weil sie in einer nicht-nach-High Fantasy-aussehenden Buchhülle stecken.

Pauschalisieren kann man hier nämlich auch nicht. Je nach Ausgabe sieht das Cover von Rothfussens hochgelobtem Name of the Wind durchaus wie eine gezeichnete Variante von Urban Fantasy-Covern aus (und unterscheidet sich sehr von, z.B. der Ausgabe, die ich hier habe, die um einiges geheimnisvoller aussieht). Und die von mir hochgelobten Hollows-Bücher von Kim Harrison haben die typischen Klischee-Cover, entsprechen aber nicht dem üblichen Urban-Beziehungsgeflecht. Und dann gibt es noch die Cover, die schlichtweg nicht mit dem Inhalt d’accord gehen. Ein typisches „Männer-High Fantasy“-Cover und dann steckt Schmalz drin. Oder ein weichgespültes Feen-Cover, wo das Blut zwischen den Seiten hervortrieft. Letzten Endes gestaltet ja der Verlag das Cover und richtet sich an eine bestimmte Zielgruppe. Aber das Marketing erscheint mir zur Zeit doch sehr stereotyp.

Von Helden und Heldinnen

Dann ist da noch die Sache mit den Protagonisten. Beziehungsweise mit den Protagonistinnen. Erstere gibt es wie Sand am Meer, letztere in jüngerer Zeit zum Glück öfter, aber starke Frauenfiguren in der Protagonistenrolle sind, vor allem im deutschsprachigen Raum, immer noch unterrepräsentiert. Und dann soll es auch Leser(innen) geben, die Bücher mit einer weiblichen Protagonistin nicht anfassen. Sehr schade.

Andererseits ist es vielleicht auch eine Frage von Genrekonventionen? High Fantasy wurde durch Herr der Ringe populär – ein Buch, in dem es im Prinzip nur eine einzige wichtige Frau gibt. Eowyn ist dafür dann zwar eine Rampensau, aber es ist eben wirklich nur eine. Und da hat sich im gesamten Genre nicht allzu viel verändert. Gespräche mit einigen Autorenkolleginnen haben auch gezeigt, dass weibliche Autorinnen bei High Fantasy tendenziell eher zu männlichen Helden greifen. „Männlicher Held zieht in ein Abenteuer“ ist nun einmal das etablierte Modell – so kennt man High Fantasy eben. Und männiche Helden bergen nicht so große Ablehnungsgefahr. Könnte man denken. Wenn nicht schon vor 20 Jahren Autoren wie Marion Zimmer Bradley im englischsprachigen Raum gezeigt hätten, dass es auch anders geht.

Wir kamen in einer Diskussion im Frühjahr auf den Bechdel-Text – ein sehr simpler Maßstab für Frauenfiguren. Die Messlatte hängt da, wohlgemerkt, sehr tief. Es geht nur darum, ob es mindestens zwei Frauen gibt, ob sie sich im Laufe der Geschichte unterhalten und ob sie sich über etwas anderes unterhalten als Männer. Klingt nicht schwer? Jede Menge Bücher, Filme und Serien, die eigentlich gute Frauenfiguren haben, bestehen diesen einfachen Test nicht (Harry Potter zum Beispiel). In der High Fantasy sieht es leider oft nicht anders aus. Bleibt die Frage nach dem Warum. Wenn es Drachen in dieser fiktionalen Welt gibt, wieso dann nicht auch mehrere mutige Frauen? Wenn es Magie gibt, wieso dann keine Heldinnen? Wenn Einhörner möglich sind, wieso dann nicht auch Frauenfiguren, die sich nicht in diese Klischeeschubladen pressen lassen?

In der High Fantasy mangelt es massiv an guten weiblichen Protagonisten. Oftmals hat man leider nur Quotenfrauen. Dass Autoren gleich mehrere komplexe, vielschichtige Frauenfiguren mit eigener Agenda in den Vordergrund rücken, passiert nicht allzu oft. Das Problem ist also gleich ein doppeltes: Es gibt scheinbar nicht nur wenig Frauen, die High Fantasy schreiben, sondern auch wenige Frauenfiguren, die in der High Fantasy auftauchen (und mehr zu tun haben, als Objekt der Heldenbegierde, Vergewaltigungsopfer, frühsterbende Mutter oder ähnliches zu sein). Art Skript Phantastik-Verlegerin Grit Richter hat vor einiger Zeit ein interessantes *Video zum Thema „starke Frauen in der Phantastik“* gemacht.

Betonung auf scheinbar. Denn geschrieben werden diese Geschichten und Figuren wohl durchaus. Ist die Frage, warum sie bei den großen Verlagen nicht ankommen

Aus Lesersicht

Als Leserin ist die ganze Chose für mich etwas frustrierend. Denn ich lese durchaus gerne High Fantasy (oder sonstiges) aus weiblicher Perspektive, wenn sie denn gut gemacht ist, und finde, dass es mehr davon geben muss. Und ja, bitte gerne auch aus Deutschland. Ich lese seit langem mehr englischsprachige Fantasy, weil es im anglophonen Raum einfacher ist, solche Bücher zu finden. In Deutschland ist die Auswahl eher klein – bei den großen Verlagen, wohlgemerkt. Bei Kleinverlagen blüht die Vielfalt (so habe ich mir jetzt endlich Susanne Pavlovics Feuerjäger besorgt, das ich schon seit Ewigkeiten lesen will). Aber im Buchladen bleiben die deutschsprachigen High Fantasy-Autorinnen rar. Leider. Was eben möglicherweise aus einer Mischung aus Vorurteilshaltung und entsprechendem Marketing liegt.

Da bleibt dann nur: Selbst schreiben, was man gerne lesen will 🙂

Gleichzeitig gibt mir diese Entwicklung zu denken und lässt mich überlegen, ob ich für mein High Fantasy-Monstermonsterprojekt ein männliches Pseudonym anschaffen sollte. Als Idealistin wiederum bin ich aber eigentlich nicht gewillt, bei diesem Zirkus mitzumachen und die Vorstellung zu füttern, dass Frauen keine ordentliche High Fantasy schreiben können. Verzwickt, verzwickt.

Das Ganze ist natürlich mal wieder so ein Thema, bei dem ich mich ärgere, dass es überhaupt ein Thema sein muss. Ähnlich wie bei einem grundsätzlichen Mangel an Diversität. Denn in der Fantasy stehen uns ja eigentlich alle Türen offen.

Wie haltet ihr das denn? Habt ihr geschlechterbedingte Vorlieben und Abneigungen beim Bücherkaufen? Und hattet ihr als Autoren schon mit diesen Vorurteilen zu tun? Habt ihr Vorlieben und Abneigungen, was männliche oder weibliche Protagonsten angeht?

EDIT: Zwei kleine Ergänzungen noch. a) falls es im Text immer noch zu missverständlich war: Ich habe nichts gegen Romantik in Fantasy-Geschichten. Aber eine Geschichte, in der Romantik vorkommt und eine Liebesgeschichte mit phantastischem Beiwerk sind für mich zwei paar Schuhe. b) Mir geht es um das, was heute veröffentlicht wird, und ja, auch mit Blick auf Deutschland. Dass Marion Zimmer Bradley, Ursula LeGuin, etc. großartig sind und geschlechterunabhängig gelesen werden, ist klar. Bleibt aber trotzdem die Frage, was mit denjenigen ist, die heute und in Deutschland schreiben. Und warum es kaum deutsche High Fantasy-Autorinnen bei den großen Verlagen gibt.

*EDIT2: Phew, dieser Text hat ja Wellen geschlagen! Unter anderem bis in den Tintenzirkel, wie ich festgestellt habe, aus dessen Diskussion sich hier in der ersten veröffentlichten Fassung einige Zitate gefunden haben. Dazu möchte ich hier noch ein paar Worte sagen, da ich in dem Forum nicht angemeldet bin. Ich habe diesen Blogeintrag in der Rohfassung seit den Debatten nach dem PAN-Branchentreffen hier liegen, also seit dem Frühjahr, und bin letzte Woche während der Recherche über die Foren-Diskussion gestolpert, die mich überrascht hat, da ich, wie so manch anderer, dachte, die allgemeine Debatte hätte sich schon wieder im Sande verlaufen. Gerade weil sich die Diskussion zum Teil mit vielen Statements deckt, die sich in persönlichen und virtuellen Gesprächen mit anderen Autoren ergeben haben, habe ich sie als Aufhänger genommen. Es war um Himmels Willen nicht meine Absicht, die Diskussion von außen zu sezieren. Es tut mir leid, wenn dieser Eindruck entstanden ist. Ich habe die Zitate und Usernamen nun aus dem Text entfernt und und den Text in der überarbeiteten Form von der Diskussion entkoppelt. Ich hoffe, der Link zum Thread ist in Ordnung, wenn nicht, kontaktiert mich bitte, dann fliegt er ebenfalls. Ich entschuldige mich für Unannehmlichkeiten – das Thema ist mir wichtig, aber ich will definitiv niemandem auf die Füße treten oder auf den Präsentierteller setzen.

26 Gedanken zu “High Fantasy: Frauen oder nicht Frauen, das ist hier die Frage. Oder?

  1. Wow, mal eine Diskussion, die völlig an mir vorübergegangen ist. Vielleicht liegt das daran, dass ich mich eher in der englischsprachigen Fantasy- und Young Adult-Ecke bewege, wo in letzter Zeit viele Autorinnen aufgetaucht sind (Maggie Stiefvater, Sarah Maas, Leigh Bardugo und wie sie alle heißen). Ja, sie alle schreiben natürlich Romantik in ihre Serien, was aber auch daran liegt, dass es bei YA nun mal ein zentrales Thema ist.

    Aber das Beispiel, das mir die ganze Zeit im Kopf herumschwirrt, ist ein anderes: Robin Hobb. Gut, ihre Helden sind auch Männer (soweit ich weiß), aber immerhin schreibt sie epische High Fantasy! Und das schon sehr lange! Wenn sich jemand vor 20 Jahren zu einem männlichen oder zumindest doppeldeutigen Pseudonym entscheidet, kann ich das auch noch verstehen.

    Ich selbst würde das heutzutage aber nicht mehr tun. Wenn der Verlag mich dazu drängt, würde ich es mir wohl überleben, aber dazu sage ich lieber nichts, solange ich es nicht selbst erlebe. 😀

    • Aber das ist ja genau der Punkt: Ein Genre, das einen größeren Bezug zu romantischen Themen hat, hat irgendwie insgesamt vermehrt weibliche Autoren. Ist ja bei Urban Fantasy ähnlich. Oder? Ich kenne mich mit YA so gar nicht aus, aber da habe ich irgendwie (vorurteilsbedingt?) automatisch weibliche Autoren vor dem geistigen Auge. War das mal eher eine Spielwiese für männliche Autoren?

      An Robin Hobb musste ich auch denken, andererseits ist das eine andere Generation. Wie auch Marion Zimmer Bradley. Das sind Autorinnen aus einer Zeit, wo ganz viel Sword and Sorcery von Frauen geschrieben wurde, und niemand hat sich daran gestört. Aber heute? Trudy Canavan fällt mir da spontan ein, aber sonst… Und vielleicht ist das im englischsprachigen Raum auch nicht ganz so auffällig wie im deutschen (auch wenn die Schere trotzdem allgemein recht weit auseinanderklafft). Aber welche deutschen High Fantasy-Autoren gibt es? Heitz, Meyer, Hohlbein. Mazi. Ähm. Ja. Ist recht übersichtlich und alles männlich.

      Und Zustimmung. Rowling wurde ja auch vom Verlag geraten, nicht mit vollständigem Namen zu veröffentlichen, um nicht die kleinen Jungs zu verschrecken, aber heute sollte man da doch eigentlich drüber hinweg sein… theoretisch… hachja.

      • Ja, genau den Punkt wollte ich ja damit ansprechen. YA ist zwar nicht nur Urban Fantasy, ich glaube, da verschwimmen die Grenzen ein bisschen, aber doch sehr viel. Ich weiß auch nicht, wie die Autorenlandschaft dort früher ausgesehen hat, aber es scheint überhaupt ein ziemlich neues Genre zu sein.

        Jenny-Mai Nuyen fällt mir noch ein, eine junge deutsche Autorin, die auch schon High Fantasy geschrieben hat. Wieder viel Romantik, aber eben auch epische Elemente und eigentlich immer Heldinnen. Sonst hast du wirklich Recht. Mich würde ja interessieren, ob sich diese Trennung wirklich positiv auf die Verkaufszahlen auswirkt … ich kann es mir kaum vorstellen, nicht mehr. Allein die Vorstellung ist einfach nur altmodisch!

        • Naja, ich glaube, der Absatz an „Romantasy“ ist schon recht hoch. Ist ja im Prinzip wie Chicklit mit fantastischem Setting, und Chicklit ist ja auch ein Riesenmarkt. Polemisch gesagt, Romantik geht für Frauen immer *seufz*. Ist eben die Frage, ob diejenigen, die diese krasse Trennung verschreckt, so eine große Auswirkung auf den Markt haben. Ich finde das auch altmodisch, bzw, wie gesagt, als Leserin sogar frustrierend.
          In der Tintenzirkel-Diskussion wurde übrigens gemutmaßt, dass die „Auflösung von Geschlechternormen“ im Zuge der Gender-Debatte dazu führt, dass man sich anderswo umso stärker an die „klassischen“ Abgrenzungen klammert. Was ich sehr schade finde.

          • Das schon, ist ja schwer zu übersehen. Ich meinte, ob das im Genre High Fantasy wirklich einen Unterschied macht, ob der Name des Autors männlich oder weiblich klingt.

            Und diese Idee macht schon Sinn … aber ja, traurig ist sie trotzdem. Andererseits glaube ich auch, dass es mit Genrekonventionen so ist: Wenn jemand daherkommt, dessen Werk völlig aus dem Rahmen fällt und noch dazu richtig gut ist, dann ändert sich etwas. Wir müssten also einfach nur richtig gute High Fantasy mit spannenden Heldinnen schreiben, für die der Verlag sich über seine veralteten Vorstellungen hinwegsetzt! 😉

            • Achso 😀 Missverständnis ^^ Nee, ich glaube, da ist tatsächlich eher das Cover ausschlaggebend, aber wie gesagt, irgendwie wird bei weiblichen Autoren (bzw. weiblich klingenden Namen) oft ein entsprechendes Cover gewählt – manchmal passt es zum Inhalt, manchmal nicht, aber das macht, glaube ich, einen Riesenunterschied, weil die Gefahr, das wirklich drin ist, was draußen anklingt, zu groß ist. Aber beispielsweise die Bücher von Robin Hobb oder eben auch Trudy Cavanan sind ja in der Richtung eher „neutral“ gehalten und haben dementsprechend auch eher eine gemischte Leserschaft. Schätze ich?

              Ha, das ist doch ein exzellenter Plan für! So machen wir das 😉

      • Ich hätte da einen deutschen Nachnamen, den ich für High-Fantasy wärmstens empfehlen kann: Rieß.
        😉 Nein, Spaß beiseite, nicht nur weil es mein eigener ist, sondern, weil es noch eine zweite HF-Autorin gibt, die so heißt, und die zumindest im EBook-Bereich nicht unerfolgreich ist. … Natürlich gibt es daneben noch viele andere
        Will sagen: Man muss als Leser auch mal gewillt sein, Neues auszuprobieren. Neue Autoren werden nicht groß, solange Leser sich nur an Altbekanntes klammern und große Namen entstehen nicht über Nacht. Da kann jeder hier mit entscheiden. Und ich denke, jedem fallen ein oder zwei Namen ein von Autoren oder Autorinnen, die HF schreiben und auch gut.
        Also brüllt sie doch einfach mal in die Welt!
        😉

        • Danke für den Kommentar! Den ich voll und ganz unterschreibe. Wie gesagt, in Kleinverlagen (und auch bei den Selfpublishern!) gibt es so viele tolle Autoren und sehr viel zu entdecken. Finde es eben schade, dass „oben“ offenbar so wenig ankommt. Du hast völlig recht, von heute auf morgen geht das natürlich nicht, aber so langsam würde es mal Zeit.
          Vielleicht mache ich demnächst mal einen „Gegenpost“ mit tollen HF Autoren nach dem ganzen Gemecker 😉
          Okay, brüllen wir los? Rieß! 🙂 Adrian! Pavlovic!

          • Superklasse. 🙂 Dann mach ich mal mit Cairiel Ari! weiter.
            Auch ein toller deutschsprachiger HF-Autor. Und einen Blogbeitrag zum dem Thema fänd ich super interessant, denn auch ich habe oft das Gefühl, dass ich mich in der deutschsprachigen Autorenszene zu wenig auskenne. HHHM das sind die vier Kürzel, die jeder kennt, das wars dann.
            Wobei ich sagen muss, dass deren Werke einfach auch für mich nicht mehr das sind, was ich mit Genuss lese, weil alles sich irgendwann wiederholt und ich echt Lust drauf habe, auch mal neue Autoren zu entdecken.

            • Oh ja, Cairiel Ari habe ich auch im Auge. Und dann gibt es noch so ein paar Autoren, bei denen ich über Blogs, etc. mitbekomme, dass sie HF schreiben, wo ich aber noch nicht dazu gekommen bin, sie zu lesen. Was dringend nachgeholt werden sollte 🙂

              Es ist eigentlich wirklich so, wie du oben geschrieben hast: Neues ausprobieren. Und sich idealerweise begeistern lassen, drüber reden, und vielleicht für ein bisschen mehr Sichtbarkeit sorgen.

  2. Wow. Also, das allgemeine Problem hab ich schon auf dem Schirm (ganz ehrlich, es springt einem ins Gesicht und man kann es unmöglich ignorieren). Aber ich wusste nicht (hätte es mir allerdings denken müssen), dass es so eine Debatte gibt.
    Aus Lesersicht kann ich nur sagen, dass schlechte, flache Frauenfiguren für mich ein absoluter Fluch sind. Absolut. Und es gibt auch keine einzige Entschuldigung, die rechtfertigen würde, warum ganz einfach diversity so schlecht ist in Fantasy-Bestsellern. Aber das ist bei Filmen auch so.
    Mir ist egal, was für ein Name auf dem Cover steht. Was für ein Design das Cover hat ist definitiv entscheidender (und, dass der Klappentext nicht ungefähr so geht „armes Weisenkind in kleinem Dorf, tyrannischer/dunkler Herrscher, Prophezeiung, Auserwählter, der allein das Land befreien kann… Reise, Gefährten, Leben für immer verändert. Blah“)
    „Romantasy“. Echt jetzt? Bisschen Romance schadet auch manchmal nicht. Und Hennens Elfen war ungefähr übelst kitschig aber gleichzeitig relativ brutal. Das könnte eine allgemeine Richtschnur sein? Vielleicht sollten Verlage und Autoren sich weniger von Labels beeindrucken lassen. Ich mag Genre-Stempel eh nicht. Und wehe, du veröffentlichst unter nem männlichen Namen! Das würde ich dir übel nehmen 😉

    • Ja zu allem zu den Frauenfiguren. Und grundsätzlich zur Diversity. Aber ich fürchte, dass Verlage (zumindest die großen) mit diesen blöden Labels arbeiten müssen. Nur sind diese Labels auf die Geschlechter bezogen heute so unsinnig scharf umrissen, dass es nur noch zum Heulen ist. „Mädchenbücher“ müssen Romanzen enthalten, „Jungsbücher“ dürfen nicht einmal Spurenelemente davon enthalten. Vor 20 Jahren ging es doch auch anders. Und trotzdem – das Thema hatten wir ja schon so oft – es gibt einfach keine Entschuldigung dafür, dass der Löwenanteil aller Figuren in der Fantasy männlich und weiß sind.

      „Romantasy“… Ich finde Romanzen total okay, es würde auch was fehlen, wenn sie gar nicht vorkämen, aber eben nicht als Hauptplot. Wenn es nur darum geht, ob A und B zusammenkommen, brauche ich im Prinzip auch kein Fantasy-Setting.

      Und keine Sorge 😀 Bei Figuren wie Titania, den Hexen oder Leia wäre es extrem widersinnig, das Buch unter männlichem Pseudonym zu veröffentlichen. Das würde ich in der Tat gerne verhindern.

  3. Guter Artikel. Auch wenn ich gerade sehr sauer bin. Diese ganzen Vorurteile … himmel hilf.
    Also … mal ganz ehrlich: ein Großteil seines Lebens verbringt man damit, seine andere Hälfte zu suchen und zu halten. Romantik und der ganze Schmu drumherum ist für viele eine der überhaupt mächtigsten Antriebsfedern sich selbst und seine Umwelt wahrzunehmen. Und wenn schon nicht Romantik, dann wenigstens Sex.
    Dass Herr der Ringe und Narnia das nicht hat, liegt schlicht an der Zeit damals. Ich wünschte mir, Tolkien könnte heute leben und müsste nicht die Bromance Sam/Frodo machen, und Eowyn müsste nicht so ätzend heimlich sein.
    Wer aber mit so SAchen wir Moorcock und Eddings und eben den genannten aufgewachsen ist, der wird es natürlich schwer haben, Fantasy mit Hormonen zu lesen. Ich kann nichts zu GRRM sagen da ich das nicht gelesen habe. Hobb und Rothfuss finde ich wunderbar und auch MZB hat es verstanden, Liebe in ihren Büchern zu haben ohne kitschig zu werden.
    Und wer ein Buch nicht liest, weil es von einer Frau geschrieben wurde, oder eine Frau als Hauptcharakter hat, mit dem will ich nicht reden.

    • Danke für den Kommentar! Ja, die Vorurteile sind ziemlich ätzend.
      Das Problem ist ja, es scheint heute bei weiblichen Autoren auf dem Markt nur „entweder-oder“ zu geben. Entweder ist es eine Liebesgeschichte mit fantastischem Beiwerk oder … nicht vorhanden. Nach diesem gezielten, wohldosierten Einsatz von Romantik und Erotik, wie ihn MZB oder so mancher männlicher Autor einsetzen, muss man heute sehr lange suchen, wenn man wirklich gerne etwas aus weiblicher Feder lesen möchte. Es ist eben die Frage, ob Autorinnen schlicht kein Interesse (mehr) daran haben, was ich sehr, sehr stark bezweifle, oder ob Verlage denken, es verkauft sich anders nicht mehr, und sich dementsprechend in die Klischeehölle stürzen. Entweder wird das Buch dann in der Aufmachung ganz in die Romantik-Schiene gedrückt (weshalb es dann von vielen Lesern nicht angefasst wird) oder es kommt erst gar nicht auf den Markt. Die Tendenz (Betonung auf Tendenz) im Buchladen ist bei weiblichen Autoren irgendwie entweder, dass es NUR Hormone, oder gar nichts. Kaum eine neutrale Mitte, kaum Balance, gerade bei Newcomern, und das stößt mir sowohl als Leserin als auch als Autorin sauer auf.
      Und deinen letzten Satz unterschreibe ich 10000x.

  4. Hallo,

    ein sehr interessanter Artikel. Mehrmals habe ich mich ertappt gefühlt, denn ich gebe offen zu, dass ich Vorurteile gegenüber Romantasy habe, die Elfen Reihe aber zu meinen Lieblingsbüchern zähle. U.a. weil die Liebesgeschichte darin so toll ist.
    Ein weiteres Vorurteil: Frauen können eher facettenreiche männliche Figuren schreiben, als umgekehrt. Oder wieviele Männer kennt ihr, die sich gut in ihre Frau hinein versetzen können?
    Angebot wird bestimmt durch Nachfrage, oder? Scheinbar ist Romantasy eher Massen kompatibel, als High Fantasy.
    Liebe Grüße und danke für diesen Denkanstoß.
    Nanni

    • Huhu, danke für den Kommentar!
      Zum Vorurteil der facettenhaften Darstellung: Ich bin mal über die (wie ich finde, einigermaßen sinnvolle) Mutmaßung gestolpert, dass Frauen mehr „Anschauungsmaterial“ für männliche Figuren haben. Neben einer grundlegenden Empathie gibt es insgesamt mehr Bücher mit facettenreichen Männerfiguren als umgekehrt. Frau wächst nach dieser Theorie gewissermaßen mit einem „männlich geschulten Blick“ auf. Inwiefern das so stimmt, kann ich nur bedingt beurteilen, aber es ergibt schon Sinn.
      Was Angebot und Nachfrage angeht: Da hast du sicher Recht. Ich bin bei Romantasy allerdings auch der pessimistischen Meinung, dass das Fantasy-Setting bei der Liebesgeschichte total nebensächlich ist und fast schon eher Chicklit als Fantasy ist. Und erste ist vermutlich insgesamt massenkomatibler als „reine“ Fantasy.
      Liebe Grüße!

  5. Hat dies auf Nike Leonhard rebloggt und kommentierte:
    Noch ein Beitrag zum Thema Rollenklischees, dem ich voll und ganz zustimmen kann und bei dem ich mich frage, ob in den Verlagen nur starrköpfige Greise sitzen, an denen die letzten 50 Jahre spurlos vorbeigegangen sind.

  6. Ein unglaublich guter Artikel – Respekt fürs Ansprechen 🙂

    Ich kenne diese Vorurteile zu Genüge, da ich eine Fantastik schreibe, von der man nicht glaubt, „dass sie von einer Frau kommt“. So habe ich das zumindest öfter von Lesern gehört. Ist natürlich als Kompliment gemeint, aber trotzdem abgedreht, irgendwie.

    Gerade im Literaturbetrieb scheint Gender-Marketing nach wie vor ein großes Ding zu sein – meines Erachtens total übertrieben. Und manchmal sogar problematisch. Wenn allein das Geschlecht eines Autoren mitbestimmt, wie Cover und Marketing vonstatten gehen, finde ich das persönlich seltsam. Eine Kollegin von mir brachte zum Beispiel einen Thriller mit Erotikelementen raus. Wohl gemerkt, Hauptaugenmerk Triller. Weil sie aber eine Frau war und ihre Charakterin ausnahmsweise nicht verschämt, sondern promiskuitiv, bestand die Verlegerin darauf, ihr Werk als derbe Erotik anzupreisen – was der Autorin total gegen den Strich ging.

    Und dann kenne ich da ein paar Autorenkolleginnen, die es mit dem High Fantasy in den Verlag geschafft haben, dann aber das Geschlecht ihrer Hauptcharakterin ändern mussten, weil, das ging ja nicht und so.

    Ach, um auf deine Frage übrigens zu kommen: Ich zum Beispiel springe überhaupt nicht auf Gender-Marketing an. Zu offensichtliches Gender-Marketing törnt mich sogar ab, das ist mir einfach zu platt. Was aber auch einfach daran liegt, dass ich der Romance für Frauen nie viel abgewinnen konnte, schon als Teenager nicht. Da ging ich in den Buchladen und sagte explizit: „Ich möchte gerne was mit düsterer Fantasy.“ Die Verkäuferin sah mich von oben bis unten an und drückte mir Twilight in die Hand.

    Uaaaaaargh! 😀

    Na ja, ganz ehrlich, sollten wir nicht weiter sein? In anderen Kunstbetrieben ist das schon lange kein Thema mehr. Aber die Buchwelt scheint sich manchmal regelrecht am Thema Geschlecht aufzuhängen.

    Da die Welt sich aber stetig verändert, bin ich sicher, dass da nochmal frischer Wind aufkommt … Ich fände es wünschenswert. Als Konsumentin. Meines Erachtens unterschätzt der Markt auch vollkommen geschlechterübergreifendes Marketing – Titel, die allein schon von ihrer Mache nur ein bestimmtes Geschlecht ansprechen sollen, schließen doch sooo viele potentielle andere Leser aus.

    • Liebe Nora, danke für den Kommentar und den Input!
      Die Dinge, die du da ansprichst, finde ich so schade – dass Autoren das Geschlecht ihrer Protagonistinnen ändern müssen, Marketing auf Basis des Geschlecht des Autoren … ja, wir sollten definitiv weiter sein. Gerade etwas wie das, was du von deiner Kollegin erzählst, finde ich immer wieder unglaublich. Wenn ein Thriller als Erotik vermarktet wird, weckt das doch ganz falsche Erwartungen und lockt doch auch die falsche Zielgruppe an. Da würde ich mich als Leser schlichtweg veräppelt vorkommen und den Verlag in Zukunft nur noch mit spitzen Fingern anfassen. Das kann ja wohl auch nicht Sinn der Sache sein.
      Aber ich glaube, dass das Geschlecht in der Unterhaltung generell immer noch ein großes Thema ist. In der Filmindustrie ist es ja auch nicht viel besser (man schaue nur auf den neuen Ghostbusters-Film und wie er von wem aufgenommen wurde). Aber auch da geht die Tendenz ja ganz langsam in eine andere Richtung.
      Die Schubladen an sich haben ja definitiv ihre Daseinsberechtigung. Z.b. sollen Romance-Bücher gernstens als solche vermarktet werden, damit die Geschichten ihre Zielgruppe finden, und diejenigen, die mit dem Thema nichts anfangen können, gleich wissen, woran sie sind. Aber wenn alles mögliche als Romance vermarktet wird, nur weil es eine Frau geschrieben hat oder die Protagonistin weiblich ist, geht das hart am Thema vorbei. Weniger auf irgendein Geschlecht und mehr auf den Inhalt schauen wäre toll beim Marketing.
      Aber vielleicht ändert sich das ja in Zukunft wirklich wieder. Fände ich als Leserin und Autorin super 🙂

      • Ja, die absolute Romantik soll auch als solche vermarktet werden, das ist wohl in aller Interesse 😉

        Schade ist es eben nur, wenn so was passiert, wie du es schreibst: Anhand des Geschlechts wird Marketing betrieben, am eigentlichen Thema des Buches vorbei.

        Interessant, dass du den neuen „Ghostbusters“ ansprichst, den habe ich gestern mit meinem Partner und dessen Bruder im Kino angesehen. Kann es nicht verhindern, es muss jetzt etwas off-topic gehen: Ich war so gespannt nach dem ganzen Backlash, wie der Film nun wirklich ist. Tja, und – es war ein guter Film. Nicht der tiefste Film, aber das sind die anderen Ghostbusters ja auch nicht gewesen. Aber witzig. Ein tolles Hauptcast. Supersympathische Frauen mit einem erstaunlich derben Humor, wie ich in Hollywood noch nie gesehen und ihn mir regelrecht gewünscht habe. Das ganze Kino, Männer, Frauen wie Kinder, waren nur am Durchlachen.

        Und ich bin aus dem Kino gegangen und konnte überhaupt nicht verstehen, was mit der Welt lost ist. Die meisten mir bekannten Leute, die den Film verrissen haben, haben mir gegenüber gesagt, sie seien nicht sexistisch, „der Film sei eben einfach nur sch****'“. Nachdem ich diesen dann gesehen hatte, war mir mehr als klar: Sie haben den Film nie gesehen.

        Aber ich habe mir auch gedacht, dass es wichtig war, dass dieser Film gedreht wurde. Ohne es wirklich zu wollen, hat er ein Statement gesetzt, gezeigt, dass es doch mehr Sexismus in unserer Gesellschaft gibt, als die meisten zugeben wollen. Er war der erste Hollywood-Film seit Jahren, in dem ich ein umfangreiches Frauencast gesehen habe, OHNE dass dieses für ein männliches Publikum sexualisiert war oder nur von Männern getrieben (à la Sex in the City). Der einzige Fan-Service-Charakter war der Sekretär, gespielt von Chris Hemsworth. Auch eine Rolle, die ich so noch nie gesehen habe: Das dumme Hollywood-Blondchen in männlich. Und ja – das ist wohl ein Bild, mit dem unwahrscheinlich viele Menschen nicht zurecht kommen.

        Irgendwo kann ich darüber nur lächeln, bei all den bescheuerten Frauenrollen, die man jeden Tag irgendwie übersehen muss, um Filme und Bücher genießen zu können … Da rastet die Menschheit so aus, wenn ihr der Spiegel vorgehalten wird?

        Aber ja: Es wird sich ändern. In diesem Jahr sind in der Populärkultur so viele kleine Revolutionen passiert, die das andeuten. Dass die LGBTQ-Kinderserie „Steven Universe“ sich auf Nickelodeon etablieren konnte. Dass Nintendo in der Fire-Emblem-Serie nach mehr als 20 Jahren homosexuelles Pairing zulässt. Dass endlich eine Superheldin mit „Wonder Woman“ in die Kinos kommt. Dass Ghostbusters doch so viel Geld und Aufmerksamkeit bekommen hat, dass es wohl einen zweiten Teil geben wird.

        Und und und … vielleicht muss ich wirklich mal eine Highlight-Liste von diesem Jahr machen 🙂

        • Off-Topic ist fast immer erlaubt, ich fand das sehr interessant zu lesen. Bisher habe ich den Film nämlich noch nicht gesehen und nur am Rande die Diskussionen darüber mitverfolgt, und die allein sprachen schon Bände. Gerade, dass hier ein Film gemacht wurde, der Frauen in den Mittelpunkt rückt, die die Welt retten, sich schmutzig machen dürfen, nicht auf Teufel komm raus sexy sein müssen und deren Leben sich nicht um Männer dreht (und dass es Chris Hemsworth als Quotenmann gibt) ist wunderbar. Gleichzeitig finde ich es aber auch schade, dass der Film so einen Wirbel erzeugt – sowohl seitens derer, die schimpfen, aber auch seitens derer, die euphorisch darüber sind. Es ist traurig, dass eine solche Frauendarstellung so dermaßen außergewöhnlich ist, dass eine solche Rollenverteilung auf der Leinwand die Gemüter so erhitzt, dass der Spiegel, der vorgehalten wird, ein solches „Schock“potenzial hat. In 2016. Das ist traurig, weil, da haben wir’s wieder, wir weiter sein sollten. Ach, der Idealismus…
          Trotzdem freue ich mich auf den Film. Alles, was ich bisher gdavon mitbekommen habe, klingt gut.
          Und du hast recht, es ändert sich wirklich einiges. Ich verkneife mir jetzt bezüglich der LGBTQ+-Darstellung einen Kommentar über die vielen lesbischen Figuren, die in Serien hops gegangen sind und freue mich über die Fortschritte, die andernorts stattfinden. Denn ja, es ist 2016 – dieses Jahr kann eine Highlight-Liste gebrauchen, wo es von allen Seiten beschimpft und verteufelt wird 😉

  7. Hallo Isa, ich hatte die Diskussion im Titenzirkel gestartet und finde es toll, dass du das Thema hier aufgreifst. Deinen Aritkel finde ich völlig okay. Man vergisst nur manchmal, dass das was man in einem Forum schreibt öffentlich ist. Also danke, dass du die Zitate rausgenommen hast. Ich möchte noch ein bisschen etwas ergänzen, da es mir keine Ruhe gelassen hat, keine Zahlen zu haben. Also habe ich eine kleine Statistik erstellt und bin zu einem recht überraschenden Ergebnis gekommen. Von den beliebtesten High Fantasy Büchern auf Englisch sind die Hälfte von Frauen geschrieben und haben auch weibliche Protagonistinnen. Wohingegen nur 15 % der Fantasy-Jugendbücher von Männern geschrieben wurden. Diesen Bereich haben Autorinnen also ziemlich allein gepachtet. Egal ob High Fantasy oder Urban Fantasy.
    Bei deutschen Autoren sieht es jedoch anders aus, das war der Grund, warum ich überhaupt auf das Thema gekommen bin. Da ich nicht auf dem Kongress war, hatte ich die Diskussion da auch nicht mitbekommen.
    Es gibt überhaupt nur an die 100 Bücher bzw. Reihen von deutschen Autoren im High Fantasy Bereich, die in großen Verlagen veröffentlicht wurden. Davon sind ca. 25 von Frauen geschrieben. Dagegen haben jedoch 40 weibliche Heldinnen. Man kann also eigentlich nicht sagen, dass es zu wenig Heldinnen in High Fantasy gibt.

    Falls es noch mehr Leute interessiert, was es so alles von deutschen Autoren und Autorinnen gibt: ich habe eine Pinterest-Wand, die ich auch immer aktualisiere:

    LG

    • Liebe Celia,
      vielen Dank für den Kommentar und auch zu den Worten zur Tintenzirkel-Diskussion.
      Deine Statistik ist superinteressant! Dass das Geschlechterthema im englischsprachigen Raum nicht so wild ist, dachte ich mir schon, aber dass wir im deutschsprachigen Raum doch recht viele weibliche Heldinnen haben, ist ja sehr erfreulich.
      Aber du sprichst da auch noch etwas anderes Wichtiges an, nämlich, dass es bei großen Verlagen generell sehr wenige deutsche HF-Autoren gibt. Liegt vermutlich an einer Mischung aus einer Leserhaltung a la „deutsche Autoren können keine Fantasy schreiben“ und Verlagsreaktion im Sinne von „wenn die Leser so denken, kaufen wir besser Lizenzen von Büchern, die sich im anglophonen Raum schon bewährt haben“. Das ist ja nochmal ein anderes Thema, aber trotzdem schade, dass die großen Verlage so wenig „Vertrauen“ in Muttersprachler haben. Bleibt trotzdem die Frage, warum nur so wenige dieser ohnehin schon Wenigen weiblich sind.
      Und ein großes Wow zu deiner Pinnwand! Da werde ich, wenn ich darf, öfter mal vorbeischauen. Eine wunderbare Übersicht!

  8. Pingback: Stöberrunde #7 | Fluchtpunkt Lesen

  9. Guten Morgen!

    Ist schon lustig, auf welche Gedanken Menschen so kommen … da hab ich immer das Gefühl: die hatten wohl grad einfach nix anderes zu tun *lach*

    Auch wenn ich überzeugt bin, dass in jedem Genre jedes Geschlecht hervorragend schreiben kann, gibt es manchmal doch eben Tendenzen – das liegt aber einfach an der Natur der Sache. Bei dem ganzen „wir sind alle gleich“ wird für mich immer vergessen, dass wir das eben nicht sind. Sorry, ich trete damit immer irgendwem auf die Füße, aber Frauen und Männer sind einfach unterschiedlich, das kann man schlecht abstreiten 😀

    Aber wie das ganze hier wieder mit Klischees zugepflastert wird, find ich schlimm, überhaupt dieses ganze Schubladendenken … aber abstellen kann man es anscheinend nicht, denn es taucht immer und überall auf.

    Ich hab den Beitrag heute in meiner Stöberrunde verlinkt 🙂

    LG und ein schönes Wochenende!
    Aleshanee

  10. Huhu!

    Aleshanees Stöberrunde hat mich hierhergebracht, und ich ich bin froh darüber – sehr interessanter, gut geschriebener Artikel!

    Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn es mehr High Fantasy mit starken Frauenfiguren geben würde, die NICHT nur Liebesgeschichten mit ein bisschen Fantasy sind.

    LG,
    Mikka

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